Mit dem Nebelhorn durch den Quellenweg
Manche Themen haben bereits einen Bart oder um es treffender zu sagen: So lang der Quellenweg auch ist, so lang zieht sich bereits die politische Beratung über seine Umwandlung in eine Fahrradstraße hin. Wir hatten in einer der ersten Folgen unseres Podcasts ausführlicher darüber gesprochen.
Die Historie: Nachdem der Landtagswahlkampf 2017 diese Idee gebar, formierte sich Anfang 2019 eine Mehrheit aus Grünen und SPD, die zusammen die Verwaltung dank freigewordener Haushaltsmittel mit der unterjährigen Planung beauftragten. Die Verwaltung wiederum saß es aus - wir kennen das - und rechnete die Kosten in die Millionen hoch. Das gab wiederum der CDU die nötige Zeit und Futter, um den Teufel an die dortigen Hauswände zu malen: Böse Grüne und die von ihnen verführte SPD schickten sich an, allen Anwohnenden die Parkplätze zu mopsen. So oder so ähnlich stand es in einer Hauswurfsendung.
Verschwiegen wurde, das wussten aber die Anwohnenden selbst, dass die sog. Parkplätze eigentlich nur städtische Straßenbegleitflächen waren, auf denen manch bequemer Anwohner lieber sein Auto abstellte als in der eigenen Einfahrt. Oder er verzierte sie mit Wackersteinen und Blumenkübeln. Denn in Oldenburg gehört es zum guten Ton, sich eigenwillig um die besitzfremden Rasenflächen vor dem eigenen Häuschen zu kümmern. Sehr löblich!
Ende des Jahres stand ein Haushaltsbündnis aus CDU, FDP und zwangsverheirateter oder neuverliebter SPD, das den Auftrag konkret-unkonkret neu fasste: Der Quellenweg wird „fahrradgerecht“ ausgebaut. Dieser Maßstab sollte zusätzlich noch für weitere Straßenzüge gelten, was aber dank der selten wirkenden Macht von Argumenten im Mai 2020 abgewendet werden konnte. In einer Sporthalle in Eversten hörte man die Verwaltung tief durchatmen. Wir taten es auch.
Die Fachverwaltung wiederum gab das Sinnieren über diesen Neologismus auf und griff in die Kiste der Service-Raffinessen: ein Gutachterbüro wurde beauftragt mehrere Varianten vorzuschlagen. Dagegen kann doch niemand etwas sagen, oder? Tat auch keiner.
Darunter mogelte man auch eine Variante, die dem Zustand einer echten Fahrradstraße sehr nahekommen sollte und tatsächlich etwas gekostet hätte. Gutes Ding will Kohle kosten! Kurz vor Ende der Ratsperiode 2016-2021 wurden diese Pläne präsentiert und es wurde bereits deutlich, dass sich die Sozialdemokratie wieder auf ihre einstmalige Position besann. Man ist bei den Genossen eben sehr pragmatisch bei der Partnerwahl. Im Nachgang der Kommunalwahl des Herbst 2021 beschloss die neue, bei dem Thema aber alte Mehrheit aus Grünen und SPD im Rausche der ersten Verknalltheit weder den einen noch den anderen Beschlussvorschlag der Verwaltung, sondern legten einen eigenen Antrag vor. Wer kann, der kann.
Am Ende standen im Spätsommer 2022 ein paar Schilder, die Fahrbahn blieb bei 4m und die nächste unechte Fahrradstraße war geschaffen. Selbstredend begleitet von sozialmedialen Jubelschreien und Ich-war-hier-Fotos der Verkehrswendezeloten innerhalb des Ratsbündnisses. Gleiches blieb aber in der Öffentlichkeit aus, da weder Befürworter einer Fahrradstraße noch Gegner ebenjener genau wussten, was sie mit dem halbgaren Ergebnis anfangen sollten. Leserbrief in der NWZ blieben daher nicht aus. Immerhin gab es die Ankündigung, dass noch ein paar ergänzende Maßnahmen folgen werden: neben einer ihren zugeschriebenen Zweck immer noch nicht recht erfüllenden Ampel am Uhlhornsweg soll nun die Fahrbahn noch etwas bepinselt, eine Querungshilfe an der Bloherfelder Straße geschaffen und ein absolutes Halteverbot entlang des Quellenwegs auch für die städtischen Straßenbegleitflächen ausgesprochen werden.
Hier dürfte die Geschichte eigentlich enden. Tut sie aber nicht. Denn schon witterte wie vor wenigen Jahren die strategische Speerspitze der CDU das Potenzial drei bis vier Wählerstimmen aus der Gruppe der Unzufriedenen, Besorgten und in die Irre Geführten hinzuzugewinnen. Denn wo zur Hölle sollen denn nun alle Lieferdienste und Handwerker parken?! So rühren einen Tag nach der Verkehrsausschusssitzung die Oldenburger Christdemokraten kräftig die Paniktrommel und zitieren die neue Verkehrsdezernentin, die sich mit ihrer Aussage bei angenehmen 13 Grad auf sehr dünnes Eis begeben hat: In der Zukunft gebe es ja eh fast nur noch Packstationen. „Ähm, nein!“ möchte man da in Richtung Industriestraße und dem Büro mit dem großen Bild rufen.
Aber viel lieber möchte man alle Beteiligten einmal kräftig mit einem Nebelhorn anhupen, denn die Standardausführung einer Automobilhupe reicht hier leider nicht mehr aus. Es fehlt deutlich an Orientierung, die man aber dringend wieder benötigt: Denn die Maßnahme ist weder Fluch, liebe CDU, noch Segen, liebe Freunde vom Ratsbündnis. Es ist und bleibt eine weitere unechte Fahrradstraße, die vorher schon fast alles von dem bot, was sie zukünftig auch haben wird: Einige Autos und viele Fahrräder.
Ach, was war nun mit den Lieferdiensten und Handwerkern? Die können selbstredend in den zahlreichen und großzügig gestalteten Einfahrten Platz finden, die dieser vor allem von Einfamilienhäusern und wenigen Mehrfamilienhäusern auf Hintergrundstücken geprägte Straßenzug bietet. Das erklärte man auch bereits der CDU im gestrigen Ausschuss, aber das wird verschwiegen. Denn mit dieser Information ließe sich ja in den ach so sozialen Medien viel schlechter Stimmung machen. Das weiß der verantwortliche Werbefachmann und Fraktionschef nur zu gut, nicht?
Die Forderung der CDU-Fraktion findet ihr hier: https://www.cdu-fraktion-oldenburg.de/news/lokal/538/Kritik-an-geplantem-Halteverbot.html