Verkehrskontrolle Oldenburg

Erhöhung der Parkgebühren in Oldenburg

Gestern wurde sie nun von Grün/Rot im Rat beschlossen: die Parkgebührenerhöhung. Innerhalb der nächsten 3,5 Jahre hin zu 5,20 Euro pro Stunde im innenstadtnahen Bereich und 3,20 Euro pro Stunde in allen weiteren Bereichen, in denen die Stadt den eigenen Parkraum bewirtschaftet.

Bedenken seitens der Stadtverwaltung und auch des Gutachtens, das ein beauftragtes Planungsbüro erstellt hat, wurden wissentlich ignoriert. Stattdessen soll es eine nicht definierte jährliche Evaluationsmöglichkeit geben, wobei der Steigerungspfad mittels des gestrigen Beschlusses von den Mehrheitsfraktionen als bereits festgezurrt angesehen wird.

Die Basis für die eigens gewählte Gebührenhöhe: Ungefähr der aktuelle Einzelticket-Preis des örtlichen Busverkehrs mal 2. Das würden andere Städte auch so machen, so SPD-Ratsfrau Vally Finke.

Eine Diskussion, in der Argumente ausgetauscht, verstärkt oder entkräftet werden, konnte man auch gestern nicht beobachten. Nicht einmal eine Antwort auf die Frage, weshalb man entgegen eigener Ankündigung die Erhöhungen nicht zusammen mit der noch ausstehenden Veröffentlichung des Rahmenplanentwurfes beraten möchte, wurde den anderen Fraktion und der Öffentlichkeit gegeben. Dazu schweigt sich die Ratsmehrheit einfach aus.

Nachdem kurz vor Ende des öffentlichen Teils der Ratssitzung der Tagesordnungspunkt noch aufgerufen wurde, wurde er auch schon nach wenigen Redebeiträgen vom Mehrheitsbündnis beschlossen. Änderungsanträge von CDU, Linke und FDP/Volt fanden keine mehrheitliche Unterstützung.

In drei Monaten soll es nach Meinung von Grün-Rot auch direkt los gehen. Knapp 150 Parkautomaten werden also das erste Mal, seitdem sie das Werk verließen, umgestellt. Außerdem soll die Zone 1 um mehrere Straßen erweitert werden und das Gebiet um die Weser-Ems-Halle herum soll in bisher undefinierter Form ebenjener Zone zugeordnet werden.

Zahlreiche andere Maßnahmen und Angebote, die notwendig wären, um sich auf den Weg zu einer erfolgreichen Mobilitätswende zu begeben, soll es laut Redebeiträge von Grün-Rot geben. Wann? Unklar. Im Antrag selbst ist nicht eine davon genannt, geschweige denn beschlossen.  Man kann noch nicht einmal davon sprechen, dass sie im Ansatz öffentlich diskutiert wurden.

Selbstredend musste der Rahmenplan (neu: Mobilitätsplan) wieder für Ausreden herhalten. Das geht, weil die Öffentlichkeit diesen nichtöffentlichen Planentwurf bisher nicht kennt. Allerdings scheint inzwischen klar zu sein, dass das Gutachterbüro, das für das Teilprojekt Park+Ride zuständig war, zu dem Schluss kam, das P+R unter den jetzigen Rahmenbedingungen keinen Sinn ergeben würde. Auch ein Thema in Oldenburg, das seit Jahrzehnten immer wieder ausgepackt, aber nie entschlossen in Angriff genommen wurde. Auch in diesem Haushaltsjahr sind keine Mittel zu finden, mit denen man notwendige Flächen vor oder hinter der Stadtgrenze erwerben könnte.

Nun soll das Parken dennoch pauschal teurer als in Groningen werden, fast exakt so teuer wie aktuell (!) in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Da auch noch keine deutsche Stadt eine derartige Erhöhung über so einen langen Zeitraum beschlossen hat, könnten die Medien nun also Oldenburg locker als die teuerste Stadt in Sachen Parkgebühren küren.

Funktioniert eine Mobilitätswende wirklich so brutal einfach?

Ungeachtet der Art und Weise, wie es zu dieser längst überfälligen Gebührenerhöhung nun kam, sollten die lediglich diffus angekündigten, flankierenden Maßnahmen und Angebote ebenso beschlossen werden. Nur genau das ist bisher nicht der Fall.

Oldenburg wird in dreieinhalb Jahren weder den Transformationsstand von Groningen noch den von Kopenhagen erreichen. Und sich lediglich auf das Niveau der Gebühren zu berufen, wäre nicht nur naiv. Es würde sowohl die Unterstützer einer dringend notwendigen Mobilitätswende enttäuschen als auch jene, die ihr grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen. Alles deutet jedoch darauf hin, dass das Agieren der aktuellen Ratsmehrheit genau diesen Frust auf allen Seiten erzeugen wird. Die gestern getroffene Aussage, dass die Einnahmen dazu genutzt werden sollen, um die fehlenden Alternativen zu finanzieren, streut leider nur weiter Sand in die Augen. Denn die Einnahmen werden, so zeigen es auch die Erfahrungen aus Wien, nur einen Bruchteil dessen sein, was jedes Jahr aus dem laufenden Haushalt (auch mittels Investitionskredite) zur Verfügung gestellt werden müsste, um die neue, vollmündig Infrastruktur zu schaffen.    

Es lässt sich leider nur darüber spekulieren, weshalb es dem Ratsbündnis am nötigen Fingerspitzengefühl fehlt. Man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass bei den agierenden Protagonist*innen die für den politischen Betrieb unabkömmlichen Antennen schlichtweg fehlen und jede berechtigte Kritik noch die an den Tag gelegte Engstirnigkeit verstärkt. Dabei sollte man den Blick einmal öffnen und sich fragen, was man im Verkehrsbereich als Bündnis jenseits der jetzigen Erhöhung tatsächlich vorzuweisen hat.  

Denn fast anderthalb Jahre hat man sich nun schon mit einer häufig erwähnten, aber bisher nicht erkennbaren Verkehrswende beschäftigt. Eine 30er-Zone, die schon zuvor primär vom Radverkehr beherrscht wurde, hat ein Fahrradstraßenschild erhalten und eine knapp 200m einseitig geführte Protected Bike Lane wartet nach zahlreichen Mikrodiskussionen noch auf ihre Umsetzung.

Laut Wunschvorstellung von Ratsherrn Wenzel veräußern nun viele Menschen ihren privaten PKW und nutzen das Taxi, Scooter oder OLi-Bikes, auf den „endgeilen Fahrradstraßen“ (Zitat), auf denen sie „sogar schneller unterwegs sind als mit dem Auto“ (Zitat). Zumindest die, die die Verkehrswende unterstützen wollen. Was die anderen machen? Das scheint weiterhin unklar zu sein.

Um es deutlich zu sagen: Auch für uns ist dieses Ziel wünschenswert. Aber dafür fehlen leider weiterhin die notwendigen Beschlüsse und man darf gespannt sein, ob sie tatsächlich folgen werden.

Lars Schwarz und Sebastian Beer